NICHS IST AUCH NICHTS WERT ODER: VORSORGEVOLLMACHTEN IN DER PRAXIS 08/2012

“Nichts ist auch nichts wert“. Etwas, was man umsonst, also für “nichts“ bekommen hat, ist auch in diesem Sinne “nichts wert“, dass man daraus keine Ansprüche herleiten kann, schon gar nicht auf Haftung und nicht einmal auf Wirksamkeit.
Nach wie vor haben nur ca. 19 % eine Vorsorgevollmacht. Wieviel davon überhaupt Rechtswirksamkeit entfalten, ist nicht bekannt
Soweit zur Theorie.

NUN ZUR PRAXIS:

Der nachfolgende stark verfremdete Fall aus der Praxis ist schon einmal beispielhaft veröffentlicht worden .worden: Ein Mandant, ca. Mitte 60, hatte sich an das Anwaltsbüro Ruß-Bindernagel um Hilfe gewandt: seine gleichaltrige Frau hatte wie jedes Jahr mit Freundinnen eine Reise unternommen, dieses Mal in Form einer längeren Kreuzfahrt. Beide waren pensionierte Lehrer, beide gut situiert bis wohlhabend, besaßen ein Haus und ein gutes Einkommen. Sie fühlten sich auch sonst gesichert, hatten sich in kostenlosen Vorträgen und durch kostenlose Formulare über die Thematik Vorsorgevollmachten, sog. Patientenverfügungen informiert, und sich das für sie nach Ihrer Auffassung passende dann kostenfrei von ihrem Hausarzt geben lassen.

Die Ehefrau des Mandanten hatte auf See einen Hirnschlag erlitten. Sie musste sofort an das Festland ins Krankenhaus gebracht werden. Dieses verlangte vor Aufnahme eine Zahlung von EUR 30.000,00 als Sicherheit , zahlbar sofort. Diesen Betrag konnte sich der Mandant noch in der Familie und von Freunden leihen, so dass seine Frau sofort an Land gebracht und in der Spezialklinik aufgenommen wurde. Dort stellte sich die Notwendigkeit einer sofortigen Operation heraus gegen Vorauszahlung von weiteren EUR 50.000,00. Das kinderlose Ehepaar war, wie gesagt gut situiert, das Einfamilienhaus lastenfrei. Es wäre also möglich gewesen, diesen Betrag im Eilverfahren vor dem Hintergrund der Sicherung durch die Immobilie von der Bank zu erhalten.

Die Hausärztliche Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung sagte darüber gar nichts.

Das Anwaltsbüro konnte im Eilverfahren vor dem Vormundschaftsgericht erreichen, dass das Gericht –anstelle der Ehefrau –die Genehmigung zur Belastung der Immobilie erteilte.
Allein das Bankinstitut verweigerte nach wie vor seine Zustimmung, mit der Begründung, die Hausärztliche Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sei keine Legitimation. Eine zwar vorliegende, allgemein übliche Bankvollmacht reichte nicht aus. Eine Generalvollmacht war in Verbindung mit der Vorsorgevollmacht eben nicht erteilt worden.
Es verging wertvolle Zeit. Die Frau war bereits ins Koma gefallen, sie konnte noch nach Deutschland transportiert werden und hat seitdem das Bewusstsein nicht mehr erlangt.
Der Ehemann war und ist aus ganz persönlichen Gründen nicht in der Lage, die rechtliche Betreuung seiner Frau zu übernehmen, so dass ein amtlicher Betreuer bestellt wurde. Die Kosten dafür – und leider geht es eben auch immer um Kosten –
belaufen sich auf mehrere Tausend Euro im Jahr, zu zahlen vom Ehemann.

Es ist schwer zu beurteilen, ob der Frau medizinisch hätte geholfen werden können. Sicher ist allerdings, dass durch eine juristisch einwandfreie Formulierung einer umfassenden General-/ Vorsorgevollmacht mit Betreuungs -und Patientenverfügung zumindest schneller hätte gehandelt werden können.
Der Satz “Nichts ist auch nichts wert“ gewinnt hier bitteren Ernst.

Der Slogan des deutschen Anwaltsvereins : “Vertrauen ist gut, Anwalt ist besser“.

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